
Ob Treffpunkt und Sachwertanlage: Was den Supermarkt um die Ecke vom SB-Warenhaus trennt
Die Metro glaubt an die Qualität ihrer SB-Warenhaustochter Real: "Wir sind überzeugt vom Potenzial unseres Unternehmens und seinen Entwicklungsmöglichkeiten." Trotz boomender Immobilienmärkte und rekordverdächtigem Konsumklima hat Metro allerdings nicht die Absicht, die Früchte der Restrukturierung selbst einzufahren, sondern will Real verkaufen.
Digitalisierung verändert Einkaufsverhalten

Die Sachwertanlage Immobilie und die Konsumgesellschaft - die viele Jahrzehnte gewinnbringende Liaison hat Risse bekommen. Denn die Digitalisierung verändert die Art und Weise unseres Einkaufsverhaltens. Manuel Jahn, Manager bei dem auf Nahversorgungsimmobilien spezialisierten Investor Habona Invest sowie Mitverfasser des Frühjahrsgutachtens der Immobilienwirtschaft, das die Bundesregierung jährlich über die Situation auf den Märkten informiert, fasst die Entwicklungen wie folgt zusammen: "Kunden sind nicht zuletzt über ihr Smartphone immer besser informiert und suchen nach schnellen, bequemen und interessanten Einkaufsorten. Real mit seiner breiten Produktpalette bietet beste Voraussetzungen für einen interessanten Einkauf. Schnelligkeit gehört allerdings nicht zu den Stärken."
Im jüngst veröffentlichten Habona Report werden die Ursachen des sich wandelnden Konsumverhaltens sowie die Konsequenzen für die Handelsimmobilie als Sachwertanlage eingehend untersucht . Demnach sind die Ansprüche an die Nahversorgung und den Lebensmitteleinkauf deutlich höher geworden. Es soll nicht mehr vor allem billig sein, sondern ein gutes Gefühl geben. Ob bio, regional oder Convenience - angetrieben durch die Lust auf mehr Frische und mehr Qualität legten die Filialisten im Lebensmitteleinzelhandel in den vergangenen zehn Jahren um bis zu 60 Prozent zu. Umsatztreiber ist der Erlebniseinkauf, zu dem die Verbraucher mit neuem Ladenbau, verführerischen Sortimenten und gastronomischen Ergänzungen angeregt werden. Bisher konnte Real nur unzureichend an diese Entwicklung anknüpfen.
Erfolgsfaktor Nähe und Bequemlichkeit

Gerade diese Entwicklung ist es, die Investoren wie die Habona Invest im Visier haben, wenn sie in die Sachwertanlage Nahversorgungsimmobilie investieren. Johannes Palla, Gründer und Geschäftsführer der Habona Invest GmbH und mit langjährigen Erfahrungen im Transaktionsgeschäft ein ausgewiesener Kenner von Handelsimmobilien, ist überzeugt: "Der Lebensmittelhandel ist ein Lehrstück über nachhaltigen Erfolg durch Emotionalisierung, Kundennähe und Komfort in einem sehr wettbewerbsintensiven Sektor." Mit den neuen, auch kleinflächigen Spezialkonzepten in Innenstädten, auf Bahnhöfen und an Tankstellen würden zudem Nischen besetzt, die eine bessere Ausschöpfung des Umsatzpotenzials und höhere Umsätze ermöglichen.
Schon aufgrund ihrer Größe sind SB-Warenhäuser meistens in Gewerbegebieten anzutreffen und stehen für den geplanten Vorratseinkauf, während die modernen wohnortnahen und leistungsstarken Konzepte der Wettbewerber immer mehr Umsatzpotenzial aus den Einzugsgebieten der SB-Warenhäuser schneiden. Allerdings hat die Großfläche weiterhin dort Berechtigung, wo die Versorgungsdichte geringer ist und aufgrund der Siedlungs- und Bevölkerungsstruktur längere Fahrtzeiten in Kauf genommen werden.
Sachwertanlage - wer kauft Real?

Das Kartellamt hat einer Übernahme durch ein vom Einzelhandelsimmobilien-Spezialisten Redos geführten Konsortium unter Auflagen zugestimmt. Dabei ist zu erwarten, dass in Abstimmung mit der Gewerkschaft sowohl Standorte geschlossen als auch Filialen an verschiedene Wettbewerber abgegeben werden. An Standorten, die eine Monopolstellung der neuen Betreiber erwarten lassen, müsste Metro einige Märkte möglicherweise für einen gewissen Zeitraum weiterführen.
Mit dieser "deutschen Lösung" enden auch Spekulationen um mögliche Übernahmen durch ausländische Kaufinteressenten oder gar um das Interesse von Amazon, das sich mit Real ein Netz von Lebensmittellagern in Deutschland hätte verschaffen können, um aus der urbanen Nische der deutschen Millionenstädte herauszukommen. Allerdings zeige Amazon bereits im Heimatland USA, wie konzertierte Preisaktionen von Walmart und Aldi das Geschäft verderben und Amazon fresh bereits wieder zum Rückzug aus der Provinz bewogen hätten.